Seitdem die westliche Welt auch Frauen, People of Colour und LGBTQI-Personen mehr Chancen in den übersinnlichen Geschichten einräumt und sich dies auch in hohen Quoten und besseren Verkaufszahlen niederschlägt, ist die Branche in Bewegung gekommen. Allen voran ist dabei Netflix zu nennen, das mit neuen Produktionen in diesem Bereich von sich reden gemacht hat. So finden sich hier drei Serien, die symptomatisch für eine Zeitenwende bei dem beliebten Thema stehen. Wir stellen Ihnen die drei Serien hier exemplarisch vor.
Wer Thor nur aus dem Marvel-Universum kennt, als blonder Hüne, der als Außerirdischer auf die Erde kommt, um die Menschheit von bösen Schurken zu befreien, wird mit der an die Originalgeschichte der Edda angelegten norwegischen Serie etwas mehr über die Ursprünge dieses Mythos erfahren. Denn Thor ist nicht etwa eine Erfindung der Comicschreiber bei Marvel. Es ist eine Sage aus der nordischen Mythologie, die in der sogenannten Edda, einer mittelalterlichen Sammlung von Geschichten, niedergeschrieben ist.
Marvel, oder genauer Stan Lee und Jack Kirby, die Autoren des Comics, nahmen die Sage um Thor, dem Donnergott mit dem Hammer, als Grundlage, daraus eine eigene Geschichte zu bauen. Die Serie Ragnarök, die im Gegensatz zum Marvel-Comic in Norwegen spielt, macht das ebenso. Dennoch finden sich hier weit mehr Parallelen zum Original. Ein junger Mann, Thor, kommt mit seiner Mutter und seinem Stiefbruder Loki in den kleinen Ort Edda und trifft dort auf sogenannte Riesen, eine Familie, die übernatürliche Kräfte hat, unsterblich ist und durch großen Reichtum die Geschehnisse in der Stadt lenkt.
Thor, der erst bei der Ankunft in Edda seine Kräfte entdeckt, kommt einem großen Umweltskandal und damit den Riesen auf die Schliche, bis es schließlich zum Kampf kommt. Adam Price ist der Drehbuchautor dieser sechsteiligen Miniserie für Netflix, den viele bereits von Erfolgsserien wie „Borgen“ oder „Die Wege des Herrn“ kennen. Die Erzählung ist tief mit unserer heutigen Welt verknüpft. So geht es um Mobbing in der Schule, Umweltzerstörung oder Homosexualität.
Die Serie kommt trotz des Themas mit sehr wenig CGI-Technik aus, weshalb sie insgesamt sehr natürlich wirkt. Wer die Zeit bis zur zweiten Staffel nicht abwarten kann, sollte einmal ohne Einzahlung eine Runde in einem Glücksspielportal drehen. Dort vergisst man bei Roulette, Slots und Co. bestimmt die lange Wartezeit, zum Beispiel in einem Casino mit Freispielen.
Mit dem Transmann Elliot Page in der tragenden Hauptrolle wurde diese Verfilmung eines Dark Horse Comics von My Chemical Romance Frontmann Gerard Way und Gabriel Bá sehr populär besetzt. Hier geht es um sieben Kinder, die allesamt an einem Tag überall auf der Welt geboren wurden. Das Besondere daran ist, dass ihre Mütter zuvor nicht schwanger gewesen waren. Ein Milliardär, der auf diese Kinder aufmerksam wurde, bietet den ungewollten Müttern Geld für einige der Kinder an. Sieben der insgesamt 43 Kinder kann er abkaufen und erzieht sie als Elitetruppe, denn die Kinder haben jedes für sich besondere Superkräfte.
Schon die Superkräfte zeugen von dem besonderen Anspruch der Serie, die natürlich vom Kampf der Kinder um ihre Position innerhalb dieser wild zusammengewürfelten Familie erzählt. So kann der eine mit Toten reden, eine andere hat die Fähigkeit, Menschen zu manipulieren. Im Zentrum steht allerdings Elliot Page, der als einzige Figur zunächst keine Superkräfte besitzt. Dass das nicht so bleibt, ist vorauszusehen. Allerdings schafft es die Serie, den Zuschauer und die Zuschauerin mit ironischem Tonfall und einem wunderbar schillernden Design schnell in ihren Bann zu ziehen.
Gerade die zweite Staffel, die erst vor kurzem an den Start gegangen ist, hat dafür besonders gute Kritiken bekommen. Die Superhelden und -heldinnen sind hier vielfältige, komplexe Charaktere mit einigen Macken und Neurosen. Die Geschichten sind durch die Zeitreise-Thematik gewohnt vertrackt und bieten einige Twists, die einen schon auf die dritte Staffel hinfiebern lassen. Die Spezialeffekte und die Ausstattung der Serie lassen sogar einige Marvel-Comic-Serien hinter sich zurück. Eine dritte Staffel ist bereits in Planung.
Eine ganz andere Sorte Superheld lernt man mit dem letzten Beispiel kennen. Hier ist das Thema: Gut gegen Böse vor dem Hintergrund der katholischen Kirche. Eine junge gelähmte Waise, Ava, stirbt in einem Waisenhaus, als um sie herum ein Kampf ausbricht. Ein Feuerring soll durch eine Nonne in einem Körper einer Leiche versteckt werden. Diese stirbt, doch die junge Waise wird zum Leben erweckt und hat plötzlich Superkräfte. Es stellt sich heraus, dass der Feuerring ein Heiligenschein ist, der nur auserwählten Nonnen eines eingeschworenen Ordens zur Verfügung steht, der gegen Dämonen kämpft.
Das Thema ist dem Höllen-und-Himmel-Motiv der katholischen Kirche entlehnt. Doch mehr hat die 10-teilige Serie auch schon nicht mehr mit der Doktrin zu tun, denn eine kämpfende Nonne ist den patriarchalen Systemen im Vatikan sicherlich ein Dorn im Auge. So hält sich die Serie auch ansonsten wenig an Keuschheitsgelübde. Ava, die wider Willen zu einer “Warrior Nun” wurde, hat nur wenig mit einer Nonne gemein. Eher zynisch verkörpert sie das Gegenteil davon und wehrt sich vehement gegen die Regeln der Kirche, die sie plötzlich vertreten soll.
Die Serie selbst spielt in den USA, hat jedoch deutliche lateinamerikanische Züge. Ein Großteil des Casts stammt aus Lateinamerika, allen voran die portugiesische Hauptdarstellerin. Die kantige Superheldin als Hauptfigur ist auch der Grund, weshalb die Serie so unterhaltsam ist. Sie erinnert dabei nicht wenig an “Buffy”. Die Kultserie aus den 1990ern begeistert bis heute viele Fans, da sie als eine der ersten überhaupt eine weibliche Hauptfigur mit einigen Schwächen präsentierte.
Dieses Erfolgsrezept hat scheinbar auch bei den Abonnenten der “Warrior Nun” Erfolg, weshalb Netflix sich auch hier für eine zweite Staffel entschieden hat. Insgesamt sind die neuesten Netflix-Produktionen wesentlich diverser als alle Fernsehserien der jüngsten Zeit. Das liegt an einem Zielpublikum, dass international und vielschichtig ist. Die Streaminganbieter haben nicht nur spezielle Länder im Fokus, sondern eine internationale Kundschaft, die heteronormative, weiße Geschichten von aalglatten Superhelden eben nicht mehr sehen möchte.